Impfpflicht – Staatssekretärin Karoline Edtstadler im Gespräch

Eine Impfpflicht scheidet die Geister – warum ist sie aus Ihrer Sicht nötig?
Staatssekretärin Karoline Edtstadler: Die Impfpflicht ist die ultima ratio und ein hochsensibles Thema. Es war nie unser Ziel, eine Impfpflicht einzuführen, aber sie ist leider notwendig geworden, um unser Gesundheitssystem zu schützen. Der Staat hat nämlich in einer Pandemie auch eine klare Pflicht: Die Gesundheit von allen zu schützen.

Der Eingriff in die persönliche Entscheidung ist gerechtfertigt?
Eine Impfpflicht ist natürlich ein Eingriff in die Grundrechte, welcher aber nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Fall Vavricka gg. Tschechien) gerechtfertigt sein kann. Demnach ist eine Impfpflicht verfassungskonform, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllt: Wenn ein legitimes Ziel, in dem Fall die öffentliche Gesundheit geschützt wird, wenn es ein effektives Mittel gibt, nämlich die Impfung und sofern der Eingriff verhältnismäßig ist. Denn durch gelindere Mitteln kann das Ziel nicht erreicht werden. Wir wollen ein Weiterhanteln von Lockdown zu Lockdown vermeiden, denn das ist ein viel schwerwiegender Eingriff in unsere Grund- und Freiheitsrechte.

Mit wie viel Widerstand rechnen Sie?
Wichtig ist, dass wir weiterhin auf alle Menschen, die wir noch nicht von einer Impfung überzeugen konnten, zugehen. Wir können die Pandemie nur gemeinsam besiegen. Unser einziger Feind ist das Virus. Ich bin daher froh, dass wir als Bundesregierung bei so einem wichtigen Vorhaben wie der Impfpflicht auch auf Unterstützung von großen Teilen der SPÖ und der NEOS im Parlament zählen können. Nicht förderlich ist es dabei, wenn von einer Partei die Debatte über die Corona-Maßnahmen zum Teil hasserfüllt geführt wird und dadurch Ängste geschürt werden.

Wie wird die Impfpflicht kontrolliert?
Das Impfpflichtgesetz wird Anfang Februar in Kraft treten. Nach einer Eingangsphase können in einem ersten Schritt nach dem 15. März ungeimpfte Personen, die keinen Ausnahmegrund vorweisen können, bei einer Kontrolle angezeigt werden. In einer zweiten Phase wird die Bundesregierung ein Erinnerungsschreiben an all jene Bürger versenden, die noch nicht geimpft sind. Wenn es die epidemiologische Lage verlangt, können drittens breitflächig Impfstrafverfügungen ausgestellt werden. Wir hoffen, dass wir aber die Menschen im Dialog von der Impfung überzeugen können und die 3. Phase nie brauchen werden.

Was geschieht, wenn man eine Impfstrafverfügung zugestellt bekommt?
Unser Ziel ist es nicht die Menschen zu bestrafen, sondern unser Gesundheitssystem aufrechtzuerhalten und damit sicherzustellen, dass jeder ein Krankenbett zur Verfügung hat, wenn er oder sie eines braucht. Bis zu 2 Wochen nach Zustellung der Impfstrafverfügung kann man sich daher aus der Strafe rausimpfen. Ansonsten werden im abgekürzten Verfahren Strafen von bis zu 600 €, oder nach einem Einspruch, im ordentlichen Verfahren, Strafen mit bis zu 3.600 € verhängt werden.

Wird die Impfpflicht laufend evaluiert?
Ja, die Impfpflicht wird laufend von einer Kommission bestehend aus zwei Medizinern und zwei Juristen evaluiert. Aufgabe der Kommission ist es, laufend und auch kritisch zu hinterfragen, ob wir mit der Impfpflicht unser angestrebtes Ziel erreichen können. Alle drei Monate wird die Kommission der Bundesregierung und dem Nationalrat berichten.

Kann es ein Ende der Impfpflicht geben? Unter welchen Umständen?
Das Gesetz wird jedenfalls am 31. Jänner 2024 außer Kraft treten. Sollte aufgrund des Impffortschritts oder der epidemiologischen Lage eine Impfung nicht mehr notwendig oder effektiv sein, kann das Gesetz oder Teile davon außer Kraft gesetzt werden.

 

 

 

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